Die Suche nach dem perfekten Mikrofon


Als ich mit meiner ersten Band angefangen habe, so mit 12, 13 Jahren, da war das Thema Equipment noch in zwei Segmente aufgeteilt. Es gab die Faszination für Alles, was mit Technik zu tun hatte und was die „Großen“ benutzten. Da wurden Kataloge auswendig gelernt und gemeinsam im Proberaum geträumt und auch der ein oder andere Euro gespart. Ich erinnere mich auch noch zu gut an die vielen Male, als wir mit der Band in die nächste große Stadt gefahren sind um dort im Musikhaus die teuren Instrumente zu bewundern. Nicht selten wurden wir (leider) entlarvt als solche, die „nur mal gucken“ wollten. Einmal in ein richtig teures Mikrofon singen, das war ein Traum.

 

Mit dem eigenen Equipment war es da leider deutlich unromantischer. Ganz am Anfang hatte ich das Glück, dass unser Schlagzeuger (es sind oft die Schlagzeuger) im elterlichen Keller einen Proberaum hatte. Dort stand neben seinem Schlagzeug auch eine sehr alte und selbst gebastelte Ein-Box-PA mit kleiner Endstufe, zwei Kanälen und es gab ein goldenes uraltes Mikrofon und ein Stativ. Für uns das Grote Glück auf der Welt, denn so konnte ich auf den zweiten Kanal meine E-Gitarre mit einem Verzerrerpedal stöpseln und wir konnten loslegen. Wir waren nicht aufzuhalten…

 

Bis schließlich die Anlage Marke Eigenbau, wer hätte es geahnt, aus irgendeinem Grund (bestimmt nicht wegen der Überlastung durch uns) den Geist aufgab. Da standen wir nun, im Rauch der Endstufe, und es musste dringend etwas Neues her. Also wälzten wir die Kataloge, träumten von Shure, von Sennheiser und von Beyerdynamik. Doch ein Blick auf unsere Konten machte klar: wir brauchen ein Anlage und ein Mikrofon, wie sollen wir das nun bezahlen. Glücklicherweise inserierte das ortsansässige Jugendzentrum zu der Zeit, dass sie einen kleinen 4-Kanalpowermixer irgendeiner Billigmarke nebst zwei großen Boxen und Mikros für 150,-€ loswerden müssten. Da riefen wir sofort an, denn irgendetwas zu bekommen war nicht nur billig, sondern auch einfach realistisch. Und ich muss fairerweise sagen, dass diese unsere erste Anlage zwar schrecklich klang, aber noch mehrere Bands überdauerte. Selbst mein Bruder hatte damit noch einige Proben und sogar Auftritte wurden damit bestritten. Wir waren wieder im Rennen. Und nicht aufzuhalten…

 

Bei unseren Auftritten kam dann endlich die große Stunde. Das Proben hatte sich ausgezahlt und es sollte auf unser erstes Stadtfest gehen. Endlich auf einer großen Bühne, mit Monitoren, toller Beschallung, ein Profi-Tontechniker und für mich die größte Aufregung, ein professionelles Gesangsmikrofon. Als ich da stand, beim Soundcheck, tierisch aufgeregt und Alles überforderte mich und ich stand nun endlich zum ersten Mal vor diesem silbernen Korb, diesem runden, schon tausendfach bewunderten Shure SM58. Diesen Moment werde ich niemals vergessen.

 

Warum ich das schreibe? Nun, in meiner Laufbahn als Sänger habe ich so viele Kolleg:innen und so viele Schüler:innen erlebt, die kein Mikro besitzen. Allzu selbstverständlich geht man davon aus, dass man bei Auftritten ja stets etwas zur Verfügung gestellt bekommt. Das ist aber nicht nur die halbe Wahrheit, es ist auch eine Einstellung, ein Problem und letztlich ein Faktor, der jedem/jeder Sänger:in das Leben schwerer macht als nötig.

 

Warum ist sie also so wichtig, die Suche nach dem perfekten Mikrofon?

 

Beginnen wir bei einem, vor Allem aktuell, ganz einfachen aber präsenten Thema: es beginnt bei der Hygiene. Oft bin ich bei großen Veranstaltungen auf der Bühne und die Sänger:innen geben sich nicht nur die Klinke, sondern auch das Mikro in die Hand. Das hat mehrere Nachteile. Zum Einen ist es nicht besonders hygienisch, auch vor Corona schon nicht, und jeder, der einmal ein voll gespucktes oder mit rotem Lippenstift verschmiertes Mikro von seiner/m Vorgänge:in übernommen hat weiß wovon ich rede. Außerdem ist nicht jedes Mikrofon für jede Stimme gleich gut geeignet. Allein aus diesem Grund ist das oben erwähnte Shure SM58 überall vertreten. Ist es das beste Mikrofon? Weiß Gott, auf keinen Fall. Es ist der beste Kompromiss für so viele Stimmen wie möglich, egal ob hoch oder tief, laut oder leise und nebenbei kann das Mikro auch noch besser mit Rückkopplungen umgehen, sollte es mal ein leiseres Signal sein und die singende Person einfach nicht mit dem Mikro und den aufgestellten Monitoren umgehen können. Ein sehr großer Kompromiss also. Können andere Mikros dann viel mehr und passen besser zu dir?

 

Sicherlich, es gibt auch zahlreiche Geschichten zum SM58, die nicht nur Marketing sind. So soll Bono von U2 in der Regie auf- und abgehend mit einem einfachen SM58 den Refrain zu Sunday, Bloody Sunday eingesungen haben. Auch Michael Jackson wird nachgesagt zahlreiche Aufnahmen mit diesem Mikro bestritten zu haben. Aber warum gibt es dann all die anderen Hersteller und Fabrikate? Welche Mikrofone siehst du noch auf den Bühnen bei deinen Idolen? Warum also all die Unterschiede.

 

Nun, beschränken wir uns einmal auf die Bühnenmikros. Hier gibt es zwei Gruppen: die dynamischen Mikrofone und die Kondensatormikrofone. Beide arbeiten völlig unterschiedlich und klingen daher anders. Klingen nun alle dynamischen Mikros gleich oder zumindest ähnlich? Gilt dies auch für die Kondensatoren? Nein, auch hier gibt es große Unterschiede. Die einen sind schriller, die anderen betonen mehr die mittleren oder tiefen Frequenzen. Es gibt Unterschiede in der Empfindlichkeit der Membran, was bei lauten Stimmen und hoher Empfindlichkeit nicht so toll klingt dann bei „kleinen“ Stimmen Wunder vollbringen. Und dann hat auch noch jedes Mikrofon einen anderen Aufnahmebereich, also der Bereich um die Mikrofonkapsel herum, wo sich der Klang gut auffangen lässt und man somit als Sänger:in mit der Dynamik der eigenen Stimme gut arbeiten kann.

 

Wie ihr seht: es ist sehr kompliziert. Aber im vorhergehenden Text stehen nun bereits alle Unterschiede aufgelistet. Wer sich dies genau durch liest findet schon einmal die Antwort darauf, warum es verschiedenen Mikrofone gibt und was den Unterschied ausmacht. Und der Grund dafür ist ganz einfach: es liegt an den verschiedenen Stimmen, den verschiedenen Styles und an Geschmack. Der Metalsänger, der die ganzen Zeit Vollgas gibt braucht eher weniger ein Kondensatormikrofon. Die Jazzsängerin die sehr viel Dynamik (laut/leise) in ihrer Stimme nutzt hingegen schon. Andererseits hat der Metalsänger auf der Bühne auch mit Sicherheit mehr „Lärm“ im Mikro durch andere Schallquellen wie Schlagzeug und Gitarrenverstärker. Bei der Jazzsängerin hält sich dieser Klang in Grenzen.

 

Es ist also eine Frage von Stil, Genre und zuletzt deiner eigenen Stimme, welches Mikro für dich am Besten geeignet ist.

 

Und soll ich dir was verraten? Nachdem mein zwölfjähriges ich nicht mal ein eigenes Mikrofon besaß und mein vierzehnjähriger notgedrungen das „günstigste“ in Kauf nahm, so besitze ich heute gleich mehrere Bühnenmikrofone, und das aus gutem Grund.

 

Ich habe Kondensatormikros für die leisen Auftritte oder Open-Air. Überall dort wo ich keine große Übersorechung mit anderen Schallquellen habe und die Boxen gut stehen ist das meine erste Wahl. Aber auch dynamische Mirkos nehme ich mit, wenn ich zum Beispiel mit lauten Livebands singe oder ein einem sehr vollen Saal oder Zelt. Es ist also teilweise ein tontechnische Frage.

 

Aber auch mein Gesang profitiert davon. So habe ich stets mit den Kondensatormikrofonen den Vorteil, sehr viele Elemente hörbar zu machen, Dynamik, Spiel mit der Lautstärke, plosive Laute, etc. Das braucht zwar viel Übung und bei vielen Kondensatoren muss man auch wissen, wie man sie so einstellt, dass es nicht pfeift und man dennoch diese tollen Möglichkeiten nutzen kann. Aber manchmal ist es auch gut einfach ein dynamisches und damit robusteres Mikrofon zu nutzen. So habe ich immer die Wahl je nach Veranstaltungsort.

 

Wie findest du nun für dich das perfekte Mikrofon?

Wenn du regelmäßig vor dem Schlagzeug stehst, euer/eure Schlagzeuger:in immer ordentlich Gas gibt und du vielleicht auch gerne mal ins Publikum oder aus anderen Gründen vor die Boxen gehst wäre das schon mal ein starkes Argument für dynamische Mikros. Gibt es von jedem Hersteller.

 

Bist du sehr versiert, kannst toll mit deiner Stimme variieren, hast jemanden, der ein Mikrofon Einpegeln kann und singst auch noch dynamische Sachen, dann wäre ein Kondensatormikrofon die bessere Variante. Generell kommen bei einem Kondensator ohnehin viel mehr Feinheiten und Einzelheiten durch.

 

Daher würde ich dir, nach dieser Grundüberlegung und gesetzt den Fall, du möchtest erst mal nur ein Livemikrofon kaufen, empfehlen, für den Test in ein größeres Musikhaus zu gehen und wenn möglich wirklich ein Mikro-Shootout zu machen. Sollte das nicht gehen rate ich dir einfach mal mehrere verschiedene Modelle zu leihen und vielleicht sogar über eine Live-Gesangsanlage zu testen. Hierbei gilt es das Mikrofon nicht zu „verstellen“. Also: schließe mehrere Mikros an das Mischpult an. Der Equalizer ist auf Null, keine Veränderung. So hat jedes Mikro seinen Grundklang. Dann stellst du den Preamp für jedes Mikrofon auf die selbe Einstellung, so kannst du die Empfindlichkeit der Mikros gegeneinander testen. Nun singst du in jedes Mikro nacheinander so gut es geht die gleiche Melodie oder Phrase. Am Besten nimmst du das Ganze auch noch mit dem Handy auf um es nachher auch beurteilen zu können. So kannst du genau hören, wo die Unterschiede bei jedem Mikrofon liegen und so zu einer Entscheidung kommen, welches Mikrofon am Besten zu deiner Stimme, deiner Technik und deinem Style passt.

 

Und wenn du dir unsicher bist, mit dem SM58 liegst du immer richtig und hast ein gutes, eigenes Mikrofon. Damit liegst du schon mal ganz weit Vorne…